Belästigung: Beispiele und rechtlicher Rahmen

Was gilt als Belästigung? Schützt das Gesetz die betroffenen Personen? Was kann ich tun, wenn ich selbst Opfer oder Zeuge bin oder mir nicht sicher bin, ob ich mich angemessen verhalte?

Was hat das mit mir zu tun?

Belästigung geht jede und jeden von uns etwas an. Im Allgemeinen wird zwischen drei Personengruppen unterschieden:

  • Die betroffenen Personen: Die meisten Opfer sind Frauen und LGBTIQ-Personen.
  • Die belästigenden Personen: Meistens geht sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum von Männern aus.
  • Die Zeuginnen und Zeugen: Es kann sich um unbekannte Personen handeln, die das Geschehen beobachten, oder um Bekannte, die der betroffenen Person oder der belästigenden Person nahestehen.

Worum geht es?

Die Rede ist von Verhaltensweisen, die eine Person aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen oder emotionalen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Geschlechtsausdrucks in ihrer Würde verletzen.

Belästigung kann in Form von anzüglichen Blicken oder unpassenden Bemerkungen, aufdringlichem Verhalten, Beschimpfungen, Drohungen, Berührungen, Exhibitionismus oder Angriffen auf die körperliche und/oder sexuelle Integrität geschehen.

Diese Handlungen finden im öffentlichen Raum statt, z. B. auf der Strasse, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Parks, bei Veranstaltungen, in Bars oder in Fitnessstudios.

In der Regel gehen sie von Unbekannten aus. Ein weiteres Merkmal dieser Verhaltensweisen besteht darin, dass sie unerwünscht sind.

Wiederholen sich solche Vorkommnisse, lassen sie den öffentlichen Raum für die Betroffenen zu einem unbehaglichen, unsicheren Ort werden. Dann handelt sich auch um ein Problem der öffentlichen Sicherheit.

Was sagt das Gesetz?

Strafgesetzbuch

Bis heute fallen einige sexistische Verhaltensweisen nicht unter das Gesetz. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie akzeptabel sind.

Andere Handlungen wiederum gelten als Straftaten im Sinne des Strafgesetzbuchs (StGB), wie z. B:

  • Beschimpfung (Art. 177 StGB)
  • Drohung (Art. 180 StGB)
  • Nötigung (Art. 181 StGB)
  • Körperverletzung (Art. 122, 123, 125 StGB) und Tätlichkeiten (Art. 126 StGB)
  • Angriff (Art. 134 StGB)
  • Übertretungen gegen die sexuelle Integrität, d. h. wenn jemand vor einer anderen Person, die dies nicht erwartet, eine sexuelle Handlung vornimmt oder diese tätlich oder in grober Weise durch Worte sexuell belästigt (Art. 198 StGB)
  • Angriffe auf die sexuelle Freiheit und Ehre, d. h. sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB), Vergewaltigung (Art. 190 StGB), Schändung (Art. 191 StGB), Ausnützung der Notlage (Art. 193 StGB), Exhibitionismus (Art. 194 StGB)

Beschimpfungen, Drohungen, Übertretungen gegen die sexuelle Integrität, Tätlichkeiten, einfache Körperverletzung (Art. 123 StGB) und Exhibitionismus werden nur auf Antrag verfolgt. Von Amtes wegen verfolgt werden Drohungen, wiederholte Tätlichkeiten* und einfache Körperverletzung hingegen dann, wenn die ausübende Person die Partnerin oder Partner des Opfers ist.

Nötigung, schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB), Angriffe sowie Angriffe auf die sexuelle Freiheit und Ehre werden von Amtes wegen verfolgt.

Zivilgesetzbuch

Schliesslich kann jede Person, die durch Gewalttätigkeiten, Drohungen und Belästigungen in ihrer Persönlichkeit verletzt wird, gemäss Artikel 28 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) das Gericht anrufen. Wird also eine Person Opfer dieser Handlungen oder ist davon bedroht und kennt sie die Identität der gefährdenden Person, kann sie sich an das Gericht wenden und eine Schutzmassnahme beantragen. Dabei kann es sich um ein Verbot handeln, sich dem Opfer zu nähern, mit ihm Kontakt aufzunehmen oder bestimmte Orte aufzusuchen.

*Tätlichkeiten sind definiert als aggressive Verhaltensweisen, die keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge haben. Beispiele: Ohrfeigen, Faustschläge oder Fusstritte, heftige, insbesondere mit den Händen oder Ellbogen geführte Stösse, eine Person am Arm packen und mit Gewalt zurückhalten, eine kunstvolle Frisur zerzausen, eine Torte ins Gesicht schmeissen, feste Gegenstände von einigem Gewicht anwerfen oder eine Person mit einer Flüssigkeit begiessen.

Mit Ausnahme der Definition der Tätlichkeiten stammen die obigen Informationen aus der Broschüre «Pour que chaque personne se sente bien dans l’espace public» («Damit sich alle Menschen im öffentlichen Raum wohlfühlen»), die im Rahmen der Kampagne «Objectif: zéro sexisme dans ma Ville» («Ziel: Null Sexismus in meiner Stadt») der Stadt Genf und ihrer Partner veröffentlicht wurde. Wir danken für das Bereitstellen des entsprechenden Materials.